Kombinatorik ist das Studium endlicher und diskreter Strukturen.
Ausgehend von fundamentalen Fragen der Anordnung, Zerlegung und
Strukturierung endlich vieler Objekte oder Zustände, bildet die
Kombinatorik die Nanotechnologie der Mathematik und ihrer Anwendungen.
Durch ihre Interdisziplinarität ist sie ein zentrales mathematisches
Forschungsgebiet mit Einfluss über Bereichsgrenzen hinweg.
Fragestellungen werden vereinheitlicht und aus strukturell verwandten
Ansätzen werden ganzheitliche Theorien mit intrinsischen
Fragestellungen und Methoden entwickelt. Die diesjährige Verleihung
zweier Fields-Medaillen an June Huh und Maryna Viazovska für Lösungen
zentraler kombinatorischer Probleme unterstreicht sowohl die Bedeutung
und Aktualität als auch das Potential dieses Gebiets.
Diskrete Daten sind seit jeher Quelle für die Entwicklung
mathematischer Theorien. Ihre Analyse ist vergleichbar mit der
Herleitung physikalischer Gesetzmäßigkeiten aus der Beobachtung von
Naturphänomenen. Durch die erreichte Komplexität und Vielgestalt
mathematischer Beobachtungen stehen wir am Beginn einer Revolution der
Entwicklungszyklen im Wechselspiel von Daten und Struktur. Dieser
Veränderung der Forschungsmethodik wird weltweit mit vielseitigen auf
Kombinatorik ausgerichteten Programmen begegnet. Wir begreifen die
entstehenden Möglichkeiten als Chance und wollen diese in Deutschland
mit einem Schwerpunktprogramm gestalten. Wir werden ein
Kombinatorik-Netzwerk schaffen, das innovative Methoden etabliert und
die Mächtigkeit der Kombinatorik als Querschnittstechnologie zur
Entfaltung bringt. Das Programmkomitee und die potentiellen
Antragsteller:innen bezeugen eindrücklich das dafür existierende
Momentum. Das in den einzelnen Arbeitsgruppen bereits vorhandene
Bewusstsein für eine Nutzung großer Datenmengen wird sich dabei zu
einem weltweiten Alleinstellungsmerkmal dieses Netzwerks entwickeln.
Wir identifizieren neun hoch-aktuelle Themenkomplexe, die die
Kombinatorik als Querschnittsgebiet abbilden und besonders von den
sich verändernden Entwicklungszyklen profitieren werden. Diese sind
"Enumeration", "Dynkin-Klassifikation", "kommutative Algebra",
"Matroide", "Konvexität", "Gitterpunkte",
"Statistik", "nicht-lineare Optimierung" und "mathematische Physik"
und betreffen die
mathematische Grundlagenforschung in ihrer ganzen Breite und damit
verbundene Anwendungsgebiete. Wir identifizieren das in Deutschland
existierende Potential sowie zukunftsweisende Leitfragen und Synergien
im Wechselspiel der Themenkomplexe. Ein Paradebeispiel eines
Synergietreibers ist das Amplitueder, dessen kombinatorische
Untersuchung in Mathematik und Physik beeindruckende Entwicklungen
anstößt. Die Kombinatorik in Deutschland wird durch ein
Schwerpunktprogramm in die Lage versetzt, den weltweiten Fortschritt
anzuführen. Dies ist der erste Antrag auf eine breit angelegte
Verbundförderung mit Kombinatorik im Zentrum. Der geplante Schwerpunkt
vernetzt das riesige Potential der exzellenten Neuberufungen,
hochkarätigen Nachwuchsgruppen und etablierten Arbeitsgruppen. Er
ermöglicht bahnbrechende Fortschritte in und zwischen den
Themenkomplexen. Dabei wird die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit
diskreter Daten als Multiplikator wirken. Es entsteht ein weltweit
sichtbares Kombinatorik-Netzwerk in der modernen mathematischen
Grundlagenforschung.